Die Deutsche Oper am Rhein lädt ein – Saisoneröffnung 2021//2022

So ist es eigentlich immer zur ersten Premiere im Opernhaus an einem Freitag im Spätsommer. Im Parkhaus unter dem Grabbe Platz ist nur mit viel Mühe ein Stellplatz zu finden. Vor dem Tor, das den Tunnel unter der Heinrich Heine Allee zur Oper eine Stunde vor Vorstellungsbeginn freigibt, plaudert eine wachsende Schar von Stammgästen. Im U-Bahnhof unterscheiden sich die Opernbesucher von den Freunden der Nacht in der Altstadt nicht allein dadurch, dass sie sich in eine andere Richtung bewegen.
Dorottya Láng (Judit), Bogdan Taloș (Blaubart)

„The same procedure as every year!“ möchte man Miss Sophie zitieren, wenn nicht spätestens im Foyer eine andere Stimmung spürbar würde. Alles geschieht stiller, distanzierter und alle sind maskiert. Die Plattform für den Einführungsvortrag, sonst kurz vor 19:00 Uhr dicht besetzt, weist große Lücken auf, auf die niemand zielstrebig zusteuert. Im Zuschauersaal schließlich bleibt jede zweite Reihe frei. Liegt es am halbgefüllten Haus, dass diese premierentypische Atmosphäre von erwartungsvoller Spannung, dieses Tuscheln mit geneigtem Kopf, dieses einander Zuwinken im Parkett sich nicht einstellen will?
Eindeutig Corona zuzuordnen, wenn auch im positivsten Sinne ist die Auswahl des Einakters „Herzog Blaubarts Burg“ von Béla Bartók in ungarischer Sprache mit kurzen deutschen Textprojektionen. Der neue Chef des Balletts am Rhein Demis Volpi inszenierte das alte Märchen als einen Strudel, der den Zuschauer in die tiefenpsychologische Dimension einer Entlarvung mitreißt und nach dem Schlussakkord wie betäubt zurücklässt.
Dieser Auftakt weckt Neugier auf die immerhin elf folgenden Neuinszenierungen, von denen hier drei zufällig herausgegriffen und vorgestellt werden. Schon am 24. September steht Manuel de Fallas Einakter „Meister Pedros Puppenspiel“ auf dem Programm. Im Mittelpunkt, so viel sei verraten, steht Don Quijote, nach dem Urteil José Ortega y Gassets ein Held, weil er entschlossen ist, sich mit der Wirklichkeit, die ihn umgibt, nicht abzufinden.
Im Oktober wagt sich die Oper an einen zwei Akter („Mazel tov! Wir gratulieren!“) von Mieczyławs Weinberg, in dem die Vorbereitung der Verlobungsfeier der Haustochter zu einem umstürzlerischen Fest des Dienstpersonals in der Küche ausartet.

Bühnenbild von Mieczyławs Weinbergs „Mazel tov! Wir gratulieren!“ – Photo credit: Daniel Senzek – Deutsche Oper am Rhein


Weihnachten schließlich führt die Regisseurin Elisabeth Stöppler vom Staatstheater Mainz in der Hoffnung auf eine bessere Lage alle sechs Kantaten des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach musiktheatralisch auf. Sie zeigt in Nahaufnahmen die Lebensumstände ganz unterschiedlicher Menschen einer weltlichen Stadtgesellschaft zu den Klängen der Musik Bachs.
Und selbstverständlich kommen auch die Freunde des klassischen Repertoires zu ihrem Recht: Bizet, Donizetti, Humperdinck, Janáček, Leoncavallo, Mascagni, Offenbach, Rossini, Verdi und Wagner. Auch eine Wiederbegegnung mit der Musik der Comedian Harmonists ist vorgesehen.
Angesichts von 23 Projekten kann man-die Ferien abgerechnet-fast jede Woche in der Oper etwas Neues hören. Wenn das nicht Appetit weckt!